Schuldig bei Kontakt

Oder: Die Untaten des Professor Meyen – Eine kleine Auskotzung   

   

Ach, manchmal hab ich einfach keinen Bock mehr auf gedrechselte Feingeistereien, manchmal will ich nur noch trashtalken und hatespeaken, den Döpfner machen und meine „wahren Gedanken“ ungeschönt raushauen (denn natürlich ist alles, was ich normalerweise hier von mir gebe, nur Maskerade zur Verheimlichung meines tiefsitzenden Hasses, zur Rationalisierung meiner Verschwörungsgläubigkeit, zur Verschleierung meiner extremistischen Gesinnung). Und heute ist mal wieder so ein Manchmal-Moment, ein Tag, wo ich mir ein paar verfassungsschutzrelevante Unverblümtheiten von der Seele kotzen muss, bevor zwischen Herzbeutel und Oberstübchen noch irgendwas platzt.

Warum noch gleich? Was ist passiert? Nun, das Denunziat hat mal wieder einen aufgespürt, den es fertigmachen zu müssen glaubt, einen Extremisten, der unschädlich gemacht werden soll, der enttarnt und entfernt gehört: Medienwissenschaftler Michael Meyen, Professor an der LMU München, hat Schuld auf sich geladen, schwere Schuld. Verfehlungen, die nun von couragierten Demokraten aufgeklärt und aufgearbeitet werden müssen. Fachschaft und Verfassungsschutz, Bayerischer Rundfunk, t-online nebst weiteren bewährten Spezialkräften der Vierten Gewalt tun, was sie können, um den Schaden für den Wissenschaftsstandort München und für das Ansehen Deutschlands in der Welt, in der Galaxis, im Universum einigermaßen in Grenzen zu halten.*

Warum genau will man den Hochschullehrer entfernen? Welcher Sünden, welcher Schandtaten hat er sich schuldig gemacht? Baut er im Keller Bomben, druckt er umstürzlerische Flugblätter in Frakturschrift, trainiert er paramilitärische Kampfeinheiten für den Sturm auf den Lerchenberg? Hisst er des Morgens im Hörsaal Flaggen aus finsteren Zeiten und nötigt seine Studenten strammzustehen, um chauvinistische, gewaltverherrlichende, menschenrechtsnegierende Hymnen zu singen? Trägt er wenigstens ein angedeutetes Hitlerbärtchen? Nein? Nichts dergleichen? Aber … Moment, der Name! Hat nicht ein gewisser Herr Goebbels, bevor er zum hinterfotzigsten Propagandawichser aller Zeiten aufstieg, einen Roman mit dem Titel „Michael“ geschrieben? Aha, so so, immerhin, nicht wahr? Naja, selbst wenn man ihm keinen richtigen Nazischeiß oder einen zünftigen Operetten-Putsch anhängen kann – ein paar vergessene Anführungsstriche in seiner Doktorarbeit werden sich früher oder später doch wohl finden lassen …

Aber Spass und Spöttelei beiseite: Stand der Dinge ist, dass Professor Meyen sich überhaupt nichts hat zu Schulden kommen lassen. Deshalb wird ja auch in allen medialen Windmaschinen nichts Handfestes vermeldet, sondern nur eine wachsweiche Kontaktschuld-Kulisse aufgebaut, pardon: aufgebauscht. Wattiges Gewölk, substanzloses Gewäsch. (Wie in „Windmaschinen“ irgendwas „vermeldet“ oder „Kulissen“ „aufgebauscht“ werden sollten, wüsste ich jetzt metapherntechnisch auch nicht recht zu sagen, aber ich sagte ja eingangs, dass ich heut mal nicht zu drechseln, sondern nur zu kotzen gedächte.)

Meyens Schuld besteht halt darin, dass er mit Leuten spricht, sich mit Leuten sehen lässt, zu Leuten Kontakte unterhält, die noch viel schlimmer sind als er. Dieser Anselm Lenz vom Demokratischen Widerstand ist ein Extremist (hat wohl mal irgendwer herausgefunden), in der Zeitung von dem stehen lauter Extremistensachen von diesem Ganser und dieser Guerot, und sogar eine Anzeige von dem Extremisten Elsässer ist da drin, und dieser Typ arbeitet in seinem Compact-Labor ja schon an einer Kreuzung aus Alice Weidel und Sahra Wagenknecht, und wenn der in diesen Querfront-Mutanten dann noch den Reichsbürgerkönig Heinrich oder gar Attila Hildmann eingebaut bekommt, dann gnade uns Gott! Jedenfalls: irgendwer von diesen ganzen „Querdenkern“, „neurechten Ideengebern“, Fehlinformationsverbreitern und „Coronaleugnern“, diesen „bekannten Wissenschaftsverweigerern und Verschwörungspredigern“ hat angeblich sogar schon mal mit diesem Götz Kubitschek geredet. Ja, und der kriegt bekanntlich seine Instruktionen täglich direkt vom Satan. Oder wie heißt der drüben in der Zone? … Höcke, glaub ich.

Mann Mann Mann Mann Mann. Erwähnte ich eigentlich schon in hinlänglicher Deutlichkeit, wie mich solches Kontaktschuld-Konstruieren anwidert? Erwähnte ich schon, dass ich die Mitbürgerschaft von Leuten, die dergleichen betreiben, für die degoutanteste Toleranzchallenge halte, die das freiheitlich-demokratische Gemeinwesen im Angebot hat? Erwähnte ich schon, dass ich als berufsmäßiger Fantast und Tagträumer mit schlimmen Gewalthalluzinationen zu kämpfen habe, die sich meiner bemächtigen, sobald Sätze fallen wie:
„Einer der bekanntesten Kommunikationswissenschaftler Deutschlands steht unter ‚Querdenker‘-Verdacht.“
„Der Münchner Kommunikationswissenschaftler Michael Meyen soll ein rechtspopulistisches Organ herausgeben.“
„Michael Meyen ist wohl einer der umstrittensten Professoren an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) in München.“
„Dort distanzierte sich die Leitung des Fachbereichs, weil er dem Verschwörungsideologen Ken Jebsen ein Interview gab und in einem privaten Blog umstrittene Aussagen machte.“
„Meyen war an der Universität schon früher negativ aufgefallen.“
Und erwähnte ich schon, dass ich Leute, die solche Sätze schreiben und veröffentlichen, für etwas halte, das ich mit Worten, die der Gesetzgeber außerhalb des Zuständigkeitsbereichs des Strafgesetzbuches angesiedelt hat, kaum auszudrücken vermag? In Ermangelung hinreichender publizistischer Tollkühnheit möchte ich meine Leserschaft bitten, sich in guter alter DIY-Tradition selbst die verbotensten Ausdrücke, die ihr mentales Lexikon bevorratet, herauszukramen und diese innerlich mit jenen Gestalten zu verknüpfen, die es offenbar für ihre vornehmste Aufgabe halten, unbescholtene Bürger einfach mal so, per Assoziation und Insinuation, per Suggestion und Siewissenschon durch die Güllegrube zu ziehen, sie ihrer Reputation zu berauben, ihrer Ehre zu entledigen, ihres Jobs und ihrer bürgerlichen Existenz zu entheben, der allgemeinen Ächtung preiszugeben, kurz: sie zur Sau zu machen, um sie johlend durchs Dorf zu treiben, in diesem Fall durch das „Millionendorf“ (würg) München.**

Klar, das ganze unheilige Gewese muss natürlich im Kontext des „Kampfes gegen Rechts“ gesehen werden, jenes säuberungswütigen Zivilpietismus, für den jeder Tag ohne Enttarnung eines verkappten Nazis, eines verfassungsfeindlichen Konsensstörers oder wenigstens eines Grünenkritikers ein verlorener Tag ist. Aber können sich diese Enthüllungsdramatiker nicht etwas weniger abwegige Opfer für ihr Storytelling aussuchen als den Meyen? Glaubt denn irgendwer ernsthaft, dass ausgerechnet dieser blitzgescheite, humorvolle, menschenfreundliche Forscher ein heimlicher Finsterling ist, der Rechtsrock-Videos dreht und SS-Uniformen sammelt? Nein, natürlich glauben diese Skribenten das nicht, sie glauben auch nicht im Ernst, dass dieser Mann ein Verfassungsfeind oder ein Staatsdelegitimierer wäre. Aber sie wissen, dass er sie und ihren Schrottjournalismus delegitimiert, indem er schreibt und sagt, was er sieht und feststellt. Er sieht, was ich sehe, was jeder sieht, der sich hin und wieder zum Realismus durchringt: ein dysfunktionales Mediensystem.

Ich kenne Michael Meyen nicht gründlich genug, um meine Hand oder sonst eine Extremität für ihn ins Feuer zu legen, aber ehrlich gesagt, weiß ich auch nicht, was meine besten Freunde alles so machen, wenn ich gerade mal nicht hinschaue. Ich weiß, dass manche von ihnen früher die taz und die Zeit gelesen haben, vielleicht sind sie mittlerweile komplett ins linksgrüne Verschwörungsdenken und Schwurblertum abgedriftet, vielleicht lesen sie mittlerweile schon die junge welt und die FAZ, wer weiß das schon.
Ich habe mit Herrn Meyen mal ein paar Mails gewechselt und kenne ihn ansonsten aus diversen Schriften und Videos. Ich lege also keins meiner kostbaren Körperteile ins Feuer, aber ich bin infolge meiner sagenumwobenen Menschenkenntnis ziemlich sicher, dass das ein integrer Mann ist, ja, ich würde mich sogar zu der naiven Verstiegenheit hinreißen lassen, dass das ein guter Mensch ist. Kann ich nicht beweisen, ist nur so mein Eindruck. Ob er zu DDR- und SED-Zeiten ein guter Mensch war, kann ich nicht beurteilen, ich kann aber auch nicht sagen, wie ich da gewesen wäre. Ob er ein guter Wissenschaftler ist, kann ich auch nicht beurteilen, meine Zeit reicht gerade nicht aus, um mir ein ausgiebiges Studium der Kommunikationswissenschaften zu gönnen. (Ich möchte aber nebenbei noch mal kurz die Forderung erheben, in ARD und ZDF doch bitte täglich von 19 bis 23 Uhr eine Diskussionsrunde von führenden Medienwissenschaftlern stattfinden zu lassen, worin die verhängnisvollste Misere der Gegenwart, die Medienmisere, mal von verschiedenen Standpunkten aus beleuchtet würde. Von mir aus auch in 3-Sat oder alpha. Hab ich schon mal gefordert, glaub ich, aber meine hochherzigen Forderungen dringen offenbar nicht durch in die gepanzerten Filterblasen der Senderintendanten. Die lungern wahrscheinlich den ganzen Tag in ihren mit Wildeichenparkett ausgelegten Massagesesseln herum und hören Podcasts vom Volksverpetzer, und wenn dann mal eine meiner zarten Interventionsschwalben durchs Vorzimmer fliegt, wird die direkt von den Vorzimmerdrachen abgefackelt, und der massierte Intendant im Innern wird nie etwas ahnen von den schönen, weltverbesserischen Inspirationen, die ihm vorenthalten wurden.)
Mein oberstes Kriterium für die Güte eines Charakters ist seit der Corona-Zeit das Verhalten während der Corona-Zeit. Mich interessiert nicht sonderlich, ob einer links oder rechts ist, ob er hochgebildet oder schlicht ist, ob er Ossi, Wessi, Ösi oder Swissi ist, sogar mein bisheriges Hauptkriterium: ob einer Veganer oder Tierleichenkonsument ist, vermag ich temporär zurückzustellen. Mich interessiert primär: War er coronagläubig oder -kritisch, ist er bei Verstand geblieben oder hat er sich den Verlockungen des Irrationalismus hingegeben, ist er freiheitlich-demokratisch geordnet geblieben oder in die primitive Ursuppe des Wir-sind-mehr-Totalitarismus zurückgesunken, kurz: hat er sich als Realist oder als Fiktivist erwiesen. Michael Meyen gehört zweifellos zu denen, die sich sowohl Verstand als auch Anstand bewahrt haben. Ob hier und da eine Hypothese zu steil, eine Formulierung zu kühn gewesen sein mag, ist mir vollständig latte, ich kann mich jedenfalls an keine Äußerung erinnern, die auch nur entfernt so abseitig gewesen wäre, wie all das, was wir von seinen Forschungsobjekten, den Mainstreammedien, über zweieinhalb Jahre täglich lesen und hören durften.

Ob es nun eine gute Idee von Michael Meyen war, sich als Mitherausgeber einer obskuren Zeitschrift derart angreifbar zu machen, ist eine andere Frage. Was ich so von diesen „Demokratischen Widerständlern“ mitbekomme, ist aus vielerlei Gründen, vor allem Geschmacksgründen, nicht ganz meine Kragenweite, aber solange zwischen Putgarten und Grenzach-Wyhlen noch allnächtlich der alte Fritz Arm in Arm mit dem alten Voltaire durch die Gassen geistert, gilt ja wohl nach wie vor Artikel 1 des altdeutschen Duldsamkeitskatechismus, nämlich: dass „ein jeder nach seiner Fasson Selich werden mus“.
Es sei denn, er verstößt gegen Gesetze. Ich werde jetzt aber nicht sämtliche 128 Ausgaben der Wochenzeitschrift „Demokratischer Widerstand“ und sämtliche Ausgaben des Bayerischen Beamtenrechts durcharbeiten, um mir eine juristisch wasserdichte Meinung zur Causa Meyen zu bilden, und ich unterstelle mal schlankerhand und ohne Schneckentänze, dass all die wackeren Rufmörderchen von den in dieser Sache aktiv gewordenen Qualitätsmedien das auch nicht gemacht haben. Insofern stell ich einfach mal mein oberflächliches Meinungsgelaber gegen das der bedenkenlosen Extremistenjäger und Existenzvernichter und sage: Weist dem Mann doch einen Gesetzesverstoß nach oder liefert wenigstens konkrete Hinweise auf einen solchen, und wenn da nix ist außer verleumderischem Waschweibergetratsch, dann lasst gefälligst einfach mal eure Schmiergriffel von der Tastatur und reagiert euren Freiheitshass anderweitig ab!

 

* Zur Sache und ihren Hintergründen verweise ich auf die Darstellung bei Multipolar (dort auch weitere Links):

https://multipolar-magazin.de/artikel/verfassungsschutz-gegen-professor-meyen

Aber seien Sie auf der Hut! Halten Sie Gummistiefel und Sagrotan bereit! Die taz ordnet ein: „Herausgegeben wird Multipolar unter anderem von Stefan Korinth, Journalist und Gegner der Coronaschutzmaßnahmen. Das Magazin haut in dieselben Kerben wie der Demokratische Widerstand, will aber intellektueller daherkommen. In dieser sumpfigen Szene, die auch für Rechtspopulisten und Nazis offen ist, stößt man immer wieder auf dieselben Leute. So schreibt Korinth auch einen Beitrag in einem Buch über die ‚medial-politische Hetze gegen Russland‘. Auch darin vertreten: der Schweizer Verschwörungserzähler Daniele Ganser, ein Star der Szene.“ 

So. Da weißte Bescheid …

 

Ferner empfehle ich zur Kenntnisnahme die folgenden Produktionen:

https://pressefreiheit.rtde.live/meinung/167507-schuldig-querdenkerei-muenchner-uni-schwaerzt/

 

https://www.t-online.de/region/muenchen/id_100152418/lmu-muenchen-uni-professor-ist-herausgeber-von-rechter-querdenker-zeitung.html

 

https://www.t-online.de/region/muenchen/id_100153216/lmu-professor-und-querdenker-michael-meyen-markus-blume-aeussert-sich.html

 

https://www.merkur.de/lokales/muenchen/widerstand-neuer-herausgeber-lmu-professor-ehemaliges-sed-mitglied-92183185.html

Dort wird übrigens erstmals die Geschlechtsumwandlung eines Extremisten vermeldet: „Anselm Lenz ist eine bekannte Vertreterin von Verschwörungsideologien.“

 

https://www.fr.de/politik/wenn-ein-professor-querdenkt-92199348.html

 

https://www.augsburger-allgemeine.de/bayern/lmu-professor-michael-meyen-wird-fall-fuer-verfassungsschutz-id66078886.html

 

** Jenes München, an dessen Universität längst schon keine widerständigen Freiheits-Flugblätter mehr durch den Lichthof schweben, sondern studentische Stellungnahmen wie diese veröffentlicht werden: „Seit einiger Zeit verfolgt die Fachschaft für Kommunikationswissenschaft die öffentlichen Äußerungen und außeruniversitären publizistischen Tätigkeiten von Prof. Dr. Michael Meyen mit großer Aufmerksamkeit und Sorge. […] Prof. Dr. Michael Meyens jüngstes Engagement bei der Wochenzeitung ‚Demokratischer Widerstand‘ […] lässt aus unserer Sicht berechtigte Zweifel an Prof. Dr. Michael Meyens Treue zur Verfassung sowie zur Freiheitlich Demokratischen Grundordnung zu. […] Prof. Dr. Michael Meyens Handeln schadet nicht nur der öffentlichen Wahrnehmung des Instituts für Kommunikationswissenschaft und Medienforschung, sondern stört auch den fachorientierten universitären Betrieb. Die Entscheidung der Hochschulleitung, in dieser Angelegenheit nun das Landesamt für Verfassungsschutz zu Rate zu ziehen, begrüßen wir.“

Nein, das ist nicht Ost-Berlin 1973, sondern München 2023.

 
 

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