Der Marsch durch die Sümpfe

Ich sprach letztens von den vielfaltsextremistischen Feuchtgebieten, in denen Multikulti-Wahn, Nazihysterie, Lichterkettendemokratie, Islamverharmlosung, Germanophobie so herrlich gedeihen und sich symbiontisch zu üppig-bunter Giftblütenpracht emportreiben.

Auf NIUS hat Pauline Voss so ein Biotop am Beispiel der (gewiss nur fiktiven) Stadt „Solingen“ sehr schön ausgeleuchtet.* Man begreift anhand solch mikrokosmischer Betrachtungen, dass es keineswegs reichen wird, irgendwann einmal eine neue Regierung zu wählen und die Spitze des Innenministeriums auszutauschen. Die Beharrungskräfte der herrschenden Ideologie sind tief verankert in lokalen Strukturen; noch in den letzten Verästelungen jenes Machtsystems, aus dem heraus verfügt wird, was gilt, was moralisch geboten, was legitim und sagbar ist, sitzen die Apologeten einer linksgrünen, antifaschistischen, antibürgerlichen, antideutschen, multikulturalistischen, menschheitsmoralistischen Weltauffassung, die sich durch noch so viel Bürgerblut nicht werden abbringen lassen von ihrer Rainbow-Warrior-Romantik.

Ich komme ein bisschen herum in den solingoiden Salam Cities meines Homelands, und ich kann als Mensch mit Augen und Antennen nur wenig dagegen tun, dass sich Eindrücke in mir anreichern, Gesamtbilder und Befunde in mir verfestigen. Und mein Antennen-Befund bestätigt Frau Vossens Recherche: Man kann in solchen AWO-WAZ-SPD-Vielfaltsstädten mittlerweile keinen Bus mehr betreten, keine Stadtbücherei, keine Kirche, keinen Kletterwald, keinen Kindergarten und keine Bank, ohne sich mit einem humanitaristischen Extremismus konfrontiert zu sehen, der einem per Flyer, per Flagge, per Ortseingangsschild und Buntheitsbekenntnis zu verstehen gibt, dass man ein böser Mensch ist, der falsch denkt, so er sich etwa darüber wundern sollte, dass auf allen „Symbolfotos“, die Bürger und Kunden und durchschnittliche Identifikationsmenschen darstellen sollen, immerzu afrikanischstämmige Männer und junge Frauen mit Hijab und Akademiker-Brille zu sehen sind. Die Flyer wollen uns sagen: Das ist jetzt Deutschland. Das „veränderte“ Deutschland, auf das wir uns zusammen mit Katrin Göring-Eckardt gefreut haben. Und wenn du diese Bilder nicht so richtig repräsentativ findest, dann hast du wohl archaische, längst abgelaufene, mit einem Wort: gesichert rechtsextreme Stereotype in deinem verkrusteten Faschoschädel, und die müssen da raus, damit „ein gutes Zusammenleben im Zeichen von Toleranz und Miteinander aller 257 Nationen und Hautfarben und Religionen in unserer weltoffenen Stadt“ möglich wird und niemand später in irgendwelche Geschichtsbücher reinschreiben kann: Die Bürger von Salam City haben nicht den Anfängen gewehrt, sie haben zu wenig Zeichen gesetzt, sie haben Hitlers Wiederauferstehung zugelassen! – Sorry, ich fürchte, es ist leider wirklich so simpel. So simpel, so lächerlich und so gefährlich.

Der Marsch durch all die halbstaatlich-zivilgesellschaftlichen Alltags-Institutionen, also nicht primär durch Ministerien und Bundesämter, sondern vor allem durch Bürgerbüros und Stadtwerke, Verbraucherzentralen und Umsonstzeitungen, AOK-Filialen und Uni-Mensen, Verkehrsbetriebe und Hospizvereine, Musikschulen und Kulturcafés etcetc., durch alles also, was heute Haltung zeigt und Vielfaltsfeste sponsert – dieser Marsch, als Generationenprojekt aller Realisten und Anti-Irrationalisten, wird nötig sein, wenn von unserem Land als freiheitlich-bürgerlichem Gemeinwesen und europäischer Kulturnation irgendetwas übrigbleiben soll.

 

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Oh Mann, wie ich es hasse, mich so reden zu hören, wie ich es leid bin, mich so schreiben zu sehen. So anti Vielfalt, anti Moral, anti Humanität. Denn natürlich bin ich so wenig gegen Vielfalt wie Guy Picciotto gegen Gitarren, als er 1995 im Song Target sang:

It‘s cold outside and my hands are dry
skin is cracked and i realize
that i hate the sound of guitars
a thousand grudging young millionaires
forcing silence sucking sound
forced into this conversation.

Aber man kriegt halt den Hass, wenn andere das, was einem ernst und lieb und heilig ist, pervertieren und zu einem Geschäft machen. Ob sie nun E-Gitarren und Rebellenmusik zu Grunge-Kommerz machen oder ob sie echte Menschlichkeit und echtes Interesse an der Andersartigkeit raubkopieren und als Billigware im Ablasshandel mit der Geschichte und ihrem kranken deutschen Gewissen verramschen. Man kriegt einfach das Kotzen, aber wenn sie einen schon in diese Konversation zwingen, dann dürfen sie sich nicht wundern, wenn man ihnen direkt vor die Füße konversiert.

Sie verwandeln alles, was man früher mal richtig fand, was man selbstverständlich für gut und unterstützenswert hielt, in etwas Verlogenes, Ungenießbares, Faulig-Aufgeschwemmtes, Ekelerregendes. Ich mein: Wer hätte je etwas haben können gegen Vielfalt, Toleranz und Weltoffenheit? Wer hat je etwas gehabt gegen rechtmäßiges Asyl, gegen Flüchtlingshilfe, Antifaschismus, Antirassismus, offene Gesellschaft, Klimaschutz, Sprachkultivierung, Willkommenskultur, Ausweitung der ethischen Berücksichtigung, Inklusion der Übersehenen, Anerkennung des Leids der Ausgegrenzten, Normabweichenden und Stigmatisierten? Welcher gesittete Mensch hätte je etwas einzuwenden gehabt gegen die „Gutmenschlichkeit“, wenn sie nicht von den bunten Puritanern und Pietisten zum autodestruktiven moralischen Masochismus heruntergezüchtet worden wäre?

 

* * *

 

Wenn ich gerade so umgangssprachlich von „Weltoffenheit“ sprach, meinte ich wohl so etwas wie Gastfreundlichkeit und grundsätzliche Bereitschaft, Fremdes als potenzielle Bereicherung und Horizonterweiterung willkommen zu heißen, also letztlich einfach ein gesellschaftliches Klima der kulturellen Aufgeschlossheit, das im maximalen Kontrast zu Nordkorea steht.** Ich meinte also ausnahmsweise halbwegs das, was auch die Herrscher der Sümpfe in ihren Ansprachen und DLF-Tagesgesprächen damit meinen, muss aber nun doch hinterherschieben, dass es sich natürlich um ein bezeichnendes begriffliches Missverständnis handelt, eine semantische Schlamperei von Leuten, die gern alle möglichen Dinge zu ihren ideologischen Gunsten missverstehen und sich ungern die Mühe machen, lesend oder gar denkend zum richtigen Verständnis der Dinge zu gelangen.

Weltoffenheit hat ursprünglich nichts mit Didgeridoo-Festivals, Islamkonferenzen und Sushitheken im Supermarkt zu tun, sondern bezeichnet in der Anthropologie jene konstituierende Geisteseigenheit des Homo Sapiens, die ihn mehr als alles andere abhebt, heraushebt aus dem Reich tierlich-naturhaften Lebens. Das Tier ist umweltgebunden, es hat keine Welt, kein All, in das es hineingesetzt wäre und in dem es sich existenziell verlieren könnte. Mit Heidegger könnte man wohl von einigen wenigen Tieren sagen, sie seien immerhin weltarm. Man kann ja mittels einfühlsamer Beobachtung durchaus erkennen, wie Tiere sich zuweilen wundern, wie sie eine Ahnung beschleicht, ein Fragen nach dem Vielleicht hinter dem Vertrauten der unmittelbaren Umwelt. Sie suchen nicht nach Sternbildern oder neuen Kontinenten, es drängt sie nicht, nach dem Ursprung und dem Ende des Universums zu fragen, Dimensionen jenseits ihrer Wahrnehmung zu berechnen, Ordnungssysteme für die Erscheinungen der Natur zu ersinnen. Aber sie spüren doch – je mehr freie Tagesstunden, je mehr Spielräume abseits des Überlebensnotwendigen sich ihnen auftun –, dass hinter den Gitterstäben oder jenseits des Flusses irgendein Mehr und Weiter liegt, dass es irgendwo eine Schwelle gibt, eine Dämmerung, in der Menschenaffen zu Affenmenschen werden können, die zu neuen Horizonten aufbrechen. Eine schmerzliche Enttäuschung liegt über dem Anblick sich wundernder höherer Tiere, eine brütende Schwermut, die keine bloße Projektion des Betrachters, keine Vermenschlichung ist, sondern eben Ausdruck einer Armut, jener Weltarmut, die etwas sehr anderes ist als die totale Weltlosigkeit des Steins.

Der Mensch ist dank seines Großhirns in spektakulär höherem Maße umweltenthobener, als auch der klügste Schimpanse sich je ausmalen könnte. Er ist zugleich Mängelwesen und Generalist, er ist seinen Instinkten entwachsen und damit weitgehend frei geworden von der Umringung der Überlebenszwänge und aller naheliegenden Bestimmungen durch die Außenwelt. Er kann das Naheliegende vernachlässigen und transzendieren. Jener Homo Sapiens, dessen Affengehirn frei genug, sehnsüchtig genug geworden war, den ersten Schritt aus dem Wald in die Welt zu tun, hin zum ewig sich weitenden Savannenhorizont, ist im Grunde derselbe, der ein paar Jahre später auf dem Mond landete. Und der sich vor lauter Weltoffenheit irgendwann selbst auszulöschen vermochte.

 

 

* https://www.nius.de/politik/salam-solingen-wie-buergermeister-tim-kurzbach-ueber-jahre-mit-steuergeld-islamkritiker-verunglimpfte/b4f1bce5-8fa7-4f22-be6e-c641a2262efe

** Ein solches Klima herrschte hier, also in Westdeutschland, meiner Erinnerung nach in den Siebzigern und Achtzigern. Wollte man über dieses klimatische Optimum einen Bildband veröffentlichen, sollte das Cover ein Foto eines idealisierten Uni-Sommerfestes zeigen. Eine Art Andreas-Gursky-Pieter-Bruegel-Wimmelbild schwebt mir da vor … Bonn, internationale Idylle, Sonnenschirme und Hollandräder, Flamencogruppen und unaussprechliche Grill-Spezialitäten, Diplomaten in Hemdsärmeln und Grünengründer mit Panflöten, Hofgarten und Serengeti, Siebengebirge und Himalaya, schwarze Mandelaugen und fremde Anmutungen, Abendlicht überm Menschenpark, die Welt zu Gast bei Neugierigen. Gäste, die bleiben, als Eindruck und neue Lebensfarbe oder als echte populationsgenetische Auffrischung und Einkreuzung.

Die Symbolbilder für das Ende des Optimums und den krassen Mentalitätswandel liefern demgegenüber die Berliner Techno-Paraden des folgenden Jahrzehnts. In den Neunzigern begann ja schon jene Pervertierung und Enthemmung, die heute zu einer völligen Entartung eskaliert ist. Wenn der linksgrüne Sumpf heute von „Weltoffenheit“ blubbert, meint er mittlerweile nur noch, jeder soll reinkommen und sich nach Belieben ausleben. Je deutschenfeindlicher und uneuropäischer, je anstrengender, asozialer und anpassungsunwilliger, desto besser. Die fremde Welt soll hier mit allem, was sie zu bieten hat an Härte, Lautstärke und Entwertungsgeilheit einfallen und das unheilbare Hitlerland davon abhalten, je wieder nach deutscher Fasson selig zu werden. Aus kultureller Aufgeschlossenheit ist nationale Entblößung und Preisgabe geworden, die selbstbestrafungslüsterne Bereitschaft, das Land von jedem Dahergelaufenen vergewaltigen zu lassen.

 

 

 

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Marcus J. Ludwig

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